MFH Braunkohlwanderung 2023

23 Biker und Bikerinnen zu Fuß unterwegs

Traditionelle Braunkohlwanderung führt wieder zum Lokschuppen nach Algermissen

Nein, so schnell kann die Motorradfreunde Harsum (MFH) nichts schrecken. Die Wetterapp sagt pünktlich zum Start der traditionellen Braunkohlwanderung Dauerregen voraus? Na und, dann wappnen Männer und Frauen sich mit Regenjacken, Skianzug, Mütze und Regenschirm. Kneifen gilt nicht. Und was soll man sagen: Petrus zeigt sich ob dieser Unerschrockenheit beeindruckt, belässt es bei ein paar Tropfen und belohnt die Truppe am Ende sogar mit Sonnenschein. Nur Michis Hund Ando wird so richtig nass, weil er denn doch einmal den Bach queren muss.

Noch nie war die Gruppe der Biker und Bikerinnen bei diesem schönen Anlass, körperliche Ertüchtigung mit anschließender Nahrungsaufnahme zum Jahresbeginn miteinander zu verknüpfen, so groß: 23 Menschen machen sich an diesem Sonntagvormittag im Februar auf, um von Harsum – dem Ursprungsnest der MFH – die Strecke bis zum Lokschuppen in Algermissen zu bewältigen. Dort warten – wie von Stefan „Resi“ bestellt – „Braunkohl mit Brat- und Salzkartoffeln sowie Kasseler, Bauchfleisch und Würste satt“ auf 14 Hungrige. Der Rest des Wandertrupps hat sich im vorhinein für anderes von der Speisekarte entschieden.

Doch vor dem Essenfassen sind knapp fünf Kilometer zu „bewältigen“, dafür bleiben zwei Stunden. „Naja, wir haben jede Menge Kreuzungen vor uns“, erklärt Volker. Denn wo sich Wege kreuzen, ist Zeit für einen Schnaps: Petra kredenzt Kaffeelikör, Volker hat Obstler im Gepäck, Heike bleibt bei Limo und Achim bietet Tee aus der Thermoskanne an. Weil Volker weiß, dass der Weg zwischen den beiden Ortschaften wenige Kreuzungen zu bieten hat, befindet sich in seinem Rucksack ein selbstgebasteltes Kreuz aus Holz, das im Notfall auch unter der Eisenbahnbunterführung den Griff zum Schnapsglas erlaubt.

Dass die Gruppe diesmal so groß ist, liegt nicht nur an dem schönen Anlass, sondern auch daran, dass die MFH Zuwachs bekommen haben. Sven ist in der vergangenen Saison mit seiner Bandit 1250 S schon drei Mal mitgefahren. Der 53-Jährige hat sich erst 2022 den Lebenstraum des Motorradführerscheins erfüllt und hat nun so einiges aufzuholen. Im vergangenen Jahr hat er 6000 Kilometer auf dem Tacho versammelt: „Das weiteste war nach Büsum und zurück an einem Tag.“ Und dieses Jahr hat er auch schon drei Mal auf dem Moped gesessen.

Noch schöner ist das allerdings in Gesellschaft. „Ich habe gezielt nach Clubs geguckt“, erzählt der Schlosser. „Die Biker vom PvH waren mir zu groß und zu Harley-lastig.“ Bei den MFH hat ihm dagegen besonders das Angebot des jährlichen Sicherheitstrainings gefallen.

Lebenspartnerin Katja fehlt noch die Ausrüstung, um auf größeren Touren bei Sven mitzufahren. Aber Lust hat sie schon, betont die 52-jährige Produktplanerin aus Giesen. Allerdings will Zuhause auch noch der 13-jährige Sohn betreut werden. Sven ist Vater von zwei Töchtern und trainiert auch die als Übungsleiter im Bereich Karate im Sportverein Giesen.

Und Sven hat auch Ideen, für die er die BikerInnen der MFH begeistern möchte. So fährt er im Juni in die Bikerschmiede Zilly im Harz, wenn dort das größte Bike der Welt gezündet wird. Geplant ist auch der Besuch beim Bikertreffen in Pullman-City, der größten Westernstadt Deutschlands am Brocken.

Sozusagen einen Schnupperbesuch machen Karen und Jürgen, um bei dieser Braunkohlwanderung die Harsumer Motorradfreunde kennen zu lernen. „Mir ist aufgefallen, dass sie auf den Fotos der Website immer fröhlich sind und viel gelacht wird“, beschreibt Jürgen den Hintergrund der Kontaktaufnahme. „Allein ist doof, da fehlt die Blödelei“, findet der 67-Jährige, der 28 Jahre als Prokurist einer Geldtransportfirma und danach 15 Jahre als selbständiger Immobilienmakler gearbeitet hat.

Auf dem Bock gesessen hat Jürgen, der mit seiner zweiten Frau Karen in Sorsum lebt, schon immer. „Mit 14 habe ich mit dem Mofa Hühner gejagt, mit 15 die Mofa frisiert, mit 16 bin ich auf Kreidler umgestiegen“, erzählt der vierfache Vater und Opa mit einem Lachen. Und das erste, was er an seinem 18. Geburtstag gemacht hat: eine Moto Guzzi gekauft. „Ich glaube, ich habe Honig am Arsch“, beschreibt Jürgen seine Affinität zum Motorradfahren.

Nach der üblichen Kinderpause habe er sich mit 45 Jahren darauf besonnen, dass immer nur Arbeiten nicht der Sinn des Lebens sein kann und ein neues Bike gekauft. Erst eine BMW R 100 RT mit nur 60 PS. „Schüttel, schüttel“, beschreibt Jürgen die Fahrweise. Dann musste es eine Bandit 1200 sein. „Doch die hat mich zum Rasen animiert“, beschreibt er seine Versuche, grüne Ampelphasen durch Tempo zu bekommen. Die Vernunft siegte. Heute fährt er eine BMW R 1250.

Und Karen sitzt seit zehn Jahren hinten drauf, damals hat sie ihren Jürgen kennengelernt. „Er fährt sehr vernünftig“, findet die 61-Jährige, die in Kiel geboren ist. Er bezeichnet sie als Naturtalent: „Ich merke gar nicht, dass sie hinten drauf sitzt. Ich glaube, das liegt daran, dass sie Skifahren kann.“

Karen und Jürgen sind beide in Rente und fahren aauf dem Moped schon mal zum Eis essen ins Weserbergland oder zu einem guten Restaurant nach Bad Pyrmont. Aber auch bei monatelangen Touren mit dem Wohnwagen im Süden ist die Maschine im Transporter immer mit dabei. Ambitionen, selber den Führerschein zu machen, hat Karen nicht: „Ich fühle mich wohl als Sozia.“

Und wohl haben sich die Neuen auch bei dieser Braunkohlwanderung mit den MFH gefühlt – und wollen wieder kommen beziehungsweise mitfahren, wenn es demnächst wieder los geht. Wir freuen uns auf Euch!

Verfasserin Martina Prante